Skatetour durch Mitte
Die Einschränkungen durch die Corona-Krise 2020 machen sich in nahezu allen Aspekten unseres Alltags bemerkbar. Kontakte werden stark beschränkt, soziale Einrichtungen sind wahlweise gänzlich geschlossen oder dürfen nur unter sehr strengen Auflagen für eine übersichtliche Anzahl an TeilnehmerInnen weiter betrieben werden. Sport- und Kulturstätten sind derweil gänzlich geschlossen. Dementsprechend leidet auch die Freizeitgestaltung und die Ausübung allerlei Hobbies und Interessen. Doch selbst diese gravierende Krise bringt den ein oder anderen Vorteile für Berlin und seine Bewohner mit.
Denn- so leer und sauber hat man die Stadt selten erlebt! Bedingt durch den geringen Fuß-, Rad- und Autoverkehrs sind die langen prächtigen Straßen und Alleen in Berlins populärer Mitte frei zum Rollen und Flanieren. Daher mein gegenwärtiger Tipp zur Beschäftigung während der COVID-19 Epidemie:
Eine rollende Tour durch die Straßen der Stadt die zur hohen Ansammlung von begeisterten Touristen aus aller Welt in der Hauptstadt sorgt. Doch selbstverständlich gilt es auch hierbei auf die aktuellen Maßnahmen und Pflichten zu achten, Abstände einzuhalten und Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen durchzuführen!
Die Tour startet am Potsdamer Platz entlang der Leipziger Straße hin zur Charlottenstraße. Wo sich sonst unzählige Massen um Malls, Museen, Botschaften und den Bundesrat bewegen, bieten derweil großzügiger Freiraum und weitgehend glatter Belag angenehmste Rollfläche. Am Leipziger Platz passiert man Einkaufszentren, Museen und diverse Botschaften.
Abgeflachte Bordsteine sorgen für rechtreibungsloses Fahren, zwei Kreuzungen geben Gelegenheit für eventuelle Pausen. Über den nahezu poliert erscheinenden Belag des NH Hotels führt ein rascher Wechsel von der Friedrichstraße über die Kronenstraße auf die Charlottenstraße.
Entlang der Mohrenstraße geht es nun auf die Markgrafenstraße. Und entlang dieser befinden gleich drei mehr als ansehnliche Wahrzeichen der Stadt.
Regelrecht geballt präsentieren sich hier der Deutsche Dom, das Konzerthaus samt seiner imposanten Stufe und der Französische Dom. Belag und Größe der recht ruhigen Jägerstraße mögen zwar verlocken, allerdings empfiehlt es sich der Markgrafenstraße hin zum Bebelplatz zu folgen. Jener zwingt einen zwar durch seinen unskatebare Pflasterung dazu kurz vom Board zu steigen, bietet dafür aber einen imponierenden 360-Grad Panoramablick auf die Humboldt-Universität und deren juristische Fakultät, die Staatsoper, und die St. Hedwigs-Kathedrale. Und auch wenn der Bebelplatz erstmal unscheinbar wirkt ist er historisch höchst relevant, immerhin fand hier die Bücherverbrennung vom 13. Mai 1933 statt.
Ein paar Schritte weiter nördlich stoßen wir auf die imposante Prachtstraße Unter den Linden. Zur linken kann man noch einen Blick auf das Reiterstandbild des großen Friedrich werfen, ehe es nun an der Staatsoper vorbei weiter in Richtung des Deutschen Historischen Museums geht. Hier bietet es sich allmählich an die Straßenseite zu wechseln. Somit wird nicht nur ein näherer Blick auf die ansehnliche neue Wache gewährt, sondern auch die hinderliche Baustelle auf Höhe des Museums umgangen.
Über die Schlossbrücke geht es vorbei am, aktuell geringfügig besuchten, Lustgarten zum Deutschen Dom, über die Karl-Liebknecht-Brücke auf das Vera-Brittain-Ufer. Wo sonst Armadas von Menschen kulinarisch beglückt werden und die Bewegungsfreiheit deutlich gemindert ist herrscht gegenwärtig eine nahezu gespenstische Leere. Diese gestattet jedoch auch ein höchst angenehmes Flanieren bis hin zum James-Simon-Park.
Sicherlich könnte man sich nun wohlverdient niederlassen und erholen bzw. entspannt. Doch dies gelingt mit einer Erfrischung noch besser. Ich empfehle die entsprechend ihrer exklusiven Lage am Hackeschen Markt befindlichen teuren Späti-Stores zu meiden und stattdessen die ca. 100 m entfernte Oranienburgerstraße aufzusuchen. Hier findet sich ein regelrechtes Relikt wieder. Der ehemalige 087-Kiosk wurde bereits betrieben als die Oranienburger Straße noch ein berüchtigter Kiez voller feierwütiger Menschen war und die heute bezirksübergreifende Restaurant-Kette AMRIT noch ein übersichtliches und unscheinbares Lokal war. Der Besitzer des besagten Kiosks hat zwar kürzlich gewechselt und trägt fortan den Namen Berlin-Kiosk, das Interieur und der sympathische Charakter von 2007 sind jedoch nach wie vor anzutreffen, die fairen Preise glücklicherweise ebenso. Mit der Erfrischung kann man sich nun ganz entspannt im James-Simon-Park oder Monbijou-Park niederlassen, einen schönen Blick auf die Museumsinsel bieten beide.
Eine entspannte Rückreise kann anschließend über die anliegenden Bahnhöfe Hackescher Markt, Alexanderplatz oder Friedrichstraße erfolgen. Ich habe die Tour nun schon mehrfach unternommen. Besonders unbesorgt fährt es sich an einem Sonntagnachmittag. An jenem sind auch die beiliegenden Bilder entstanden.
Text & Foto: Alexander Graham